Meine Beuten stehen jetzt schon seit mehreren Monaten ohne größere Probleme auf jeweils einer Stockwaage. In den ersten Wochen waren sie noch im Probebetrieb, mit 12. Juli 2020 dann die ersten beiden auch online über diesen Blog im Internet abrufbar und seit 19. Juli auch alle meine restlichen Völker. Bis zum Umbau meiner Beutenböcke im Jänner, hatte ich daran keine Veränderungen vorgenommen. Lediglich im Zuge des Umbau meines zweiten Bienenstand, habe ich die dortige Waage etwas modifiziert und auf die Möglichkeit bis zu vier Wiegesensoren je Steuereinheit anschließen zu können, aufgerüstet.
Für jene die erst kurz zu Gast sind auf meinem Blog, ich verwende als Wiegesensor selbst gebaute Metallgestelle mit Bosche Wiegesensoren und als Elektronik einen Raspberry Pi Zero mit WLAN. Alles übrige kann auf der Seite des Projekt HoneyPi nachgelesen werden, bzw. in den oben angeführten Blogbeiträgen.
Bei dieser langen Betriebszeit, vor allem wo die Waagen unter den widrigsten Witterungsverhältnissen im Winter wie Kälte und Feuchtigkeit ausgesetzt sind, habe ich mir die Frage gestellt, ob diese noch immer die richtigen Gewichte zeigen oder Abweichungen sich eingeschlichen haben. Es muss ja auch jede kommerzielle Waage in bestimmten Intervallen geeicht werden. Also habe ich mich mit dem Thema auseinandergesetzt und über die Kalibrierung nachgedacht. Aber nicht nur Abweichungen werden dadurch ausgeglichen, auch im Fall eines Ausfalls der Elektronik, zum Beispiel wenn die Speicherkarte des Raspberry Pi defekt wird, muss möglicherweise eine Neuinstallation und damit auch eine Kalibrierung vorgenommen werden. Ausgenommen davon sind jene Personen, die sich für solche Szenarien gerüstet haben und eine Sicherungskopie angelegt haben.
In der Software HoneyPi wurde mit einem der letzten Releases die Funktion des Kalibrieren wesentlich vereinfacht und man muss nicht mehr kompliziert herumrechnen. Wird die Waage erstmalig in Betrieb genommen, erfolgt nach der Grundkonfiguration sogleich die Kalibrierung. Eine Wiegung ohne Gewicht, eine zweite Wiegung mit einem bekannten Referenzgewicht und die Kalibrierung ist abgeschlossen. Diese Kalibrierung ist notwendig, da jeder Sensor und auch jeder Aufbau der Waage anders gestaltet ist. Durch die Kalibrierung wird quasi die Waage mit all den Gewichten und Kräften die gerade auf den Sensor wirken auf Null gestellt. Darin enthalten ist zum Beispiel auch das Wiegegestell.
Wie kalibriert man jedoch wenn bereits Beuten auf der Waage stehen?
Zuerst muss man sich generell die Frage stellen, welches Gewicht möchte ich eigentlich angezeigt bekommen. Möchte ich so wie beim Arbeiten mit einer Küchenwaage nur das reine Nettogewicht einer Zutat oder das Bruttogewicht inklusive des Gefäßes wiegen. So ist es auch in diesem Fall. Möchte ich nur wissen, wie hoch das Gewicht der Bienenmasse oder des aktuell eingetragene Honigs ist, oder das Gesamtgewicht der Beute mit allem was dazu gehört, sogar der Stein mit dem das Blechdach beschwert wird.
Damit nicht bei jedem Kalibriervorgang die Beute von der Waage gehoben werden muss, notiert man sich das genaue Gewicht unmittelbar vor dem Wiegevorgang.
Man möchte ja nicht bei jeder Kalibrierung die Beute zur Seite stellen, um die Kalibrierung durchzuführen.
Bevor ich jedoch zur Kalibrierung komme, möchte ich Euch zwei wichtige Begriffe erklären:
Wägezellen Offset
Beim Offset handelt es sich um jenen Wert in Gramm, der bereits auch ohne aufgelegtes Gewicht vom Sensor gemessen wird. Es handelt sich also um jenen Wert, der die Waage ähnlich wie bei einer Küchenwaage auf Null zurück stellt. Dieser Wert (Offset) wird dann von jedem zukünftigem Messergebnis abgezogen um den Nettowert des aufgelegten Gewichts zu berechnen. Offsetwerte können auch im negativen Bereich liegen.
Wägezellen Skalierungswert
Der Skalierungswert ist jener Wert mit dem das Messergebnis beeinflusst werden kann. Dabei wird das Messergebnis (Messwert-Offset) durch den Skalierungswert geteilt. Es handelt sich daher um den eigentlichen Kalibrierungsfaktor der Waage.
Gewichtskalibrierung
Da die HoneyPi Software die unterschiedlichsten Wägezellen unterstützt, ist eine Kalibrierung in jedem Fall erforderlich. Jeder Hersteller und selbst Wägezellen gleicher Bauart liefern unterschiedliche Ergebnisse. Mit der Kalibrierung werden diese Abweichungen ausgeglichen. Genauer gesagt wir müssen den Skalierungswert ermitteln.
Zur Kalibrierung sind zwei Gewichtsmessungen notwendig. Eine Messung ohne aufgelegtes Gewicht und eine Messung mit einem bekannten Gewicht (zB.: 6000 Gramm). Beide Messergebnisse werden notiert. Wichtig dabei ist, dass als Skalierungswert zu Beginn der Messungen mit 1 und der Offset mit 0 eingetragen ist.
Beispiel:
Messergebnis ohne aufgelegtes Gewicht: 137238 Gramm
Messergebnis mit aufgelegtem 6kg Gewicht: 173429 Gramm
Das erste Messergebnis liefert zugleich auch den Wert für das notwendige Offset.
Subtrahiert man zur Kontrolle die 173429 mit den 137238, erhält man den Wert 36191. Wie man schnell erkennen kann, entspricht dies jedoch nicht dem aufgelegten Gewicht von 6000 g. Diese Abweichung muss man nun mit dem Skalierungswert ausgleichen.
Um diesen Skalierungswert zu ermitteln, dividiert man das Messergebnis mit dem aufgelegten Gewicht durch den Wert des bekannten Gewichts. Also die 173429 aus der zweiten Messung durch 6000 und erhält damit den Wert 28.90483333. Dieser wird nun auf 4 Stellen gerundet und so der Skalierungswert 28.9048 ermittelt.
Beide Werte werden nun in der Software eingetragen. Wurden die Änderungen gespeichert, so sollte sowohl ein Nullwiegung, als auch ein exaktes Gewichtsmessung möglich sein. Natürlich sind geringe Abweichungen von wenigen Gramm durchaus möglich.
Mit HoneyPi kann jedoch dieser etwas aufwendigere Kalibrierungsvorgang mit Unterstützung eines Assistenten vorgenommen werden und es ist nicht erforderlich sich die Werte zu notieren und selbst den Skalierungswert zu berechnen. Der Assistent wird über die Schaltfläche „Geführte Kalibrierung der Waage“ gestartet.
Wie verhält es sich nun, wenn bereits eine Bienenbeute auf der Waage steht? Hier gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Möglichkeit Offset aus der ersten Kalibrierung ist bekannt
Kennt man den Offset-Wert aus der ersten Kalibrierung, ist dies relativ einfach. Man trägt diesen Offset bereits vor der ersten Messung im entsprechenden Feld ein, setzt den Skalierungsfaktor auf 1, legt sofort ein bekanntes Gewicht zusätzlich auf das Dach der Bienenbeute und führt die eine Messung durch. Vom Ergebnis wird der ursprüngliche Offset-Wert abgezogen und durch das bekannte Gewicht dividiert. Das auf vier Stellen gerundete Ergebnis, ergibt den Skalierungswert.
2. Möglichkeit aktuelles Gewicht der Beute ist bekannt
Musste die Software neu installiert werden und kennt man den Offset von der ersten Kalibrierung nicht, so genügt das aktuelle Gewicht der Beute zu kennen.
Die Vorgangsweise ist so wie bei der ersten Kalibrierung. Der Offset wird mit 0 und der Skalierungsfaktor mit 1 eingetragen. Es wird angenommen, dass die Waage leer ist. Die erste Messung wird durchgeführt und das Ergebnis notiert. Neuerlich wird das bekannte Gewicht auf das Dach der Bienenbeute gelegt und die zweite Messung durchgeführt. Durch Division des Ergebnis aus der zweiten Messung durch den Wert des bekannten Gewichts ergibt gerundet auf vier Stellen wieder den Skalierungsfaktor. Nun trägt man den ersten Messwert im Feld für den Offset und den errechneten Skalierungsfaktor im entsprechenden Feld ein, nimmt das bekannte Gewicht vom Dach ab und führt eine dritte Messung durch. Diese sollte als Ergebnis eine Nullmessung liefern. Um jetzt den eigentlichen Offset zu erhalten, addiert man das aktuelle letzte Gewicht der Beute zum aktuell eingetragenen Offset hinzu. Führt man nun eine neuerliche Messung durch, sollte das aktuelle Gewicht der Beute +/- weniger Gramm angezeigt werden.
Die Abweichungen bei den Messungen werden in der Natur durch mehrere Einflussfaktoren erzeugt. So sind oft große Temperaturschwankungen oder auch Windkräfte die gegen die Beute drücken ausschlaggebend für die Messabweichungen. Diese sollten jedoch in einem tolerierbaren Bereich liegen. Zur Kompensation von Temperaturschwankungen, kann bei HoneyPi ein Parameter eingetragen werden. Dazu ist jedoch auch ein angeschlossener Temperatursensor notwendig. Mehr dazu kann aber auf der Projektseite nachgelesen werden.
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