Soziale Medien und die Imkerei

Ich verfolge seit einigen Monaten in den sozialen Medien so manche Imker Gruppe und bin oft erstaunt welche Ratschläge dort jungen unerfahrenen Imkerkolleginnen und Kollegen erteilt werden. Da ich ja aufgrund meines Brotberufes genau weiß, welche Gefahren von sozialen Medien ausgehen, die COVID Pandemie und zuvor der Auftritt des US Präsidenten auf Twitter haben es ja genau gezeigt, möchte ich hier mal zu einem brandaktuellen Thema Stellung beziehen und meine Einstellung dazu kund tun.

So wie in der modernen Landwirtschaft, jeder kann sich sicherlich noch daran erinnern, stehen heute ja Rinder nicht mehr im finsteren Stall und warten auf den Tag x wo es zum Schlachthof geht, sondern in sogenannten Freilaufställen und auf der Weide und sie können selber entscheiden wo sie sich gerne aufhalten. Schlagworte von glücklichen Hühnern mit Freilandhaltung zieren die Regale der Supermärkte und das Schlagwort „BIO-Landwirtschaft“ und „Nahversorger mit regionalen Produkten“ boomt wie nie zuvor. Jeder kennt die Bilder von Massentierhaltung und Szenen die von Tierschützern in den Medien verteilt werden. Im Mittelpunkt steht also „das Wohl der Tiere!“ Genau so sollte es auch in der Imkerei gehalten werden.

Wir sollten nicht mehr nach dem Hörensagen imkern, sondern dürfen gerne auch hinterfragen was es denn mit den unterschiedlichen Betriebsweisen und Behandlungen auf sich hat. Ich empfehle dabei doch etwas mehr sich auf wissenschaftlich belegte Methoden zu verlassen, als so manches Thema in der Imkerschaft vom Stammtisch aufzugreifen und weiter zu verbreiten. So nach dem Motto:

„Das hat die letzten hundert Jahre so funktioniert, warum soll es jetzt nicht heute auch so funktionieren!“

Stammtischinfo!

Das mag ja durchaus stimmen, aber schon wie eingangs beschrieben handelt es sich um Methoden die heute nicht mehr angewendet werden sollten, denn damit wird in vielen Bereichen dem Tier unnötig Schaden und Leid zugefügt. Es ist jedem sicherlich selber überlassen, zu entscheiden welche Methoden er anwendet. Aber man darf nicht vergessen, dass es da auch noch das Tierschutzgesetzt gibt und schnell mal in den Bereich des strafbaren Handelns abrutscht. Das sollte jeder im Hinterkopf behalten bevor er eine bestimmte Methode anwendet.

Jetzt aber zu meinem eigentlichen Inhalt dieses Beitrags. Oft werden Fragen von Neueinsteigern in den diversen Foren und eben den sozialen Medien gestellt und damit wird eine Fülle an Antworten ausgelöst und der Neueinsteiger ist damit wieder bei seiner Entscheidungsfindung überfordert. Er stellt sich die Frage: Was ist jetzt ein guter Ratschlag und welcher ist „Oldschool“!

In die Richtung der Neueinsteiger, die glauben sich schnell mal ein paar Bienen in den Garten stellen zu können, gleich einmal der Hinweis: Es handelt sich um Tierhaltung und da ist es genauso wie bei dem Kleintierzoo. Eltern schenken den Kinder zu Ostern junge Zwerghasen oder zu Weihnachten ein junges Kätzchen weil sie so süß und kuschelig sind und vergessen dabei, dass sie damit auch Pflichten eingehen und es sich dabei um Tierhaltung mit echten Lebewesen handelt. Wochen später landen derartige Tiere im Tierheim oder auf der Straße. So ist es auch bei Bienen! Bienen benötigen Zeit und in der Hauptsaison im Sommer noch mehr davon. Da muss schon zum Beispiel der Familienurlaub genau geplant werden und im Juni oder Juli werden 3 Wochen Strandurlaub am Meer nicht mehr so einfach gestaltet werden können. Da muss echt geplant werden.

Ein weiteres „No-Go“ sollte sein, in die Imkerei einfach zu starten ohne einen Anfängerkurs besucht zu haben oder ein ganzes Bienenjahr mal in einem Imkerverein begleitet zu haben. Erst dann kann man wirklich auch entscheiden ob das für die nächsten Jahre für einen etwas ist oder es sich doch herausstellt, dass es doch etwas zu Anstrengend ist und vielleicht ein Wildbienenhotel im Garten anstelle von Honigbienen besser geeignet ist. Unabhängig davon ist die Imkerei ein Handwerkszeug das erlernt werden muss. Es kann auch nicht jeder einfach in die Rinderzucht einsteigen ohne entsprechende Kurse oder eine Ausbildung absolviert zu haben um dabei Erfahrungen zu sammeln..

Kommen wir aber nun zu einigen sehr wichtigen Fragen in Bezug auf aktuell kursierende und saisonbedingten Themen in den sozialen Medien. Hier wird darüber oft diskutiert ob Ameisensäure für die Bienen zuträglich ist und wie sie angewendet werden soll. Fragen zu unterschiedlichen Behandlungsmethoden werden gestellt und auch diverse Säuren und Medikamente werden ins Rennen geworfen. Ich möchte hier einige Beispiele anhand derer ich näher in die Materie einsteigen möchte abhandeln. Aber gleich vorweg, ich habe mir die Antworten nicht aus der Nase gezogen und vom Imkerstammtisch zusammengetragen, sondern sie basieren auf den aktuellsten Studien von diversen renommierten Bieneninstituten wie zum Beispiel der Universität Hohenheim oder dem Bieneninstitut Celle. Alle Antworten basieren auf Langzeitstudien und umfangreichen Versuchen an abertausenden Bienenvölkern in den unterschiedlichsten Regionen in Europa. Begleitet wurden diese Studien von Wissenschaftlern wie Dr. Pia Aumeier, Dr. Gerhard Liebig oder Dr. Otto Boecking, um nur einige von ihnen zu nennen.

Was haltet Ihr von der Ameisensäure (AS) Behandlung und wäre nicht die totale Brutentnahme (TBE) und Behandlung mit Oxalsäure (OS) wesentlich bienenschonender?

Die AS Behandlung, wenn sie falsch angewendet wird, und da spreche ich von einer Langzeitbehandlung, kann zu sehr hohen Bienenverlusten und umfangreichen Brutschäden führen!

Richtig und schonend wird die AS Behandlung in Form der Kurzzeitmethode eingesetzt. Dabei werden je nach Betriebsweise und Bienenmasse (Ein-Zargig oder Zwei-Zargig) eine gewisse Menge an AS in der Beute zur Verdunstung gebracht. Genau genommen handelt es sich bei Jungvölkern um 50 ml 95%iger AS und bei Wirtschaftsvölkern 100 ml die in drei Tagen verdunstet werden müssen. Verdunstet die AS aufgrund zu niedriger Temperaturen nicht in dieser Zeit, muss die Behandlung abgebrochen werden. Gleiches gilt für zu schnelles Verdunsten. Die Schwammtuchmethode und so manche andere Vorgangsweisen die hier in den sozialen Medien diskutiert werden sind nicht mehr zeitgemäß. Vieles um nicht sagen zu müssen alles was es zu diesem Thema zu berichten gibt, findet ihr in einem ausführlich Beitrag auf meinem Blog.

Die TBE Methode ist für mich Tierquälerei und als Standardmethode zur Behandlung der Völker gegen die Varroamilbe absolut abzulehnen. Es gibt nur wenige Ausnahmen wo TBE angewendet werden sollte. Eine dieser Ausnahmen ist im Fall der Völkersanierung beim Verdacht auf Faulbrut.

Warum bin ich dieser Ansicht: Aktuell Ende September bilden die Völker die sogenannten Winterbienen. Also jene Bienen die zur Erhaltung des Volkes über den Winter dringend benötigt werden und länger als die Sommerbienen leben. Wird um diese Jahreszeit die Bienenbrut wegen der darin sitzenden Milben entnommen um danach mit OS zu behandeln, verliert man tausende von wichtigen Bienen und es dauert über 21 Tage bis dieses Loch geschlossen werden kann. Damit befinden sich das Volk Mitten im Oktober und gleichzeitig am Beginn der kalten Jahreszeit. Die Bruttätigkeit wird aufgrund der Kälte stark eingeschränkt und die Völker können nicht mehr die notwendige Bienenmasse nachschaffen, die für eine starke Überwinterung erforderlich ist. Wir erinnern uns, zu Überwinterung sind notwendig:

  • ausreichend Bienen (mindestens 5000 bis 6000 Bienen je Volk),
  • junges Wabenmaterial (dunkle oder schwarze Brutwaben die schon mehr als 2 Jahre verwendet werden),
  • eine junge Königin,
  • ausreichend Winterfutter und
  • eine niedrige Milbenbelastung.

Für mich ist die TBE ein totaler Unfug und sollte eigentlich gesetzlich untersagt werden, wenn es sich dabei ohnedies nicht um Tierquälerei handelt.

Kommen wir zu Oxalsäure. Ja es stimmt, es handelt sich bei der OS Behandlung (Sprühen oder Träufeln) um die wirkungsvollste Methode Völker gegen die Milbe zu behandeln. Jeder weiß aber, dass dazu es auch notwendig ist, die Völker brutfrei zu bekommen. Auf natürlichem Weg ist dies nur in der sehr kalten Jahreszeit der Fall und da auch in unseren Breitengraden oft nur mehr wenige Wochen Ende Dezember und Anfang Jänner. Es gibt sogar Regionen in Europa, wo Bienenvölker im Winter nicht mehr brutfrei werden.
Wir wissen, OS wirkt nicht in die verdeckelte Brutzelle hinein und auch wenn die Brut noch offen ist, ist die Wirkung von OS nicht so gut, wie wenn das Volk absolut ohne Brut (keine Stifte, Eier und Larven) ist. Die Ursache dürfte vermutlich bei den höheren Temperaturen im Brutnest zu suchen sein und dafür sorgen, dass die OS schneller verdunstet.

Wie funktioniert das nun im Sommer? Auf natürliche Art und Weise werden die Völker im Sommer nicht brutfrei. Realisiert werden kann die ganz einfach nach der Honigernte durc die TuB Methode. Bei Teilen und Behandeln, dieses Konzept ist oft im Internet beschrieben und kann auch hier in meinem Blog nachgelesen werden. Dabei wird auf einfache und schonende Art und Weise das Volk, ohne eine einzige Brutzelle dabei opfern zu müssen, brutfrei gemacht, um es danach mit OS behandeln zu können. Weitere Vorteile der TuB Methode, wie zum Beispiel gleichzeitige Bildung einer neuen Königin, Vergrößerung der Volksstärke, habe ich ja ausführlich im Beitrag beschrieben. Es gibt daher absolut keinen Grund unnötig Brut mit TBE zu vernichten, um anschließend auch im Spätsommer die Völker mit OS behandeln zu können.

Ist nicht Drohnenbrutschneiden genauso Tierquälerei und abzulehnen?

Abschließend möchte ich noch auf die Gegner des „Drohnenbrutschneidens“ eingehen, vor allem wenn dabei das Konzept von TBE mit ins Rennen geworfen wird. Wo ist der Unterschied, wenn ich während der Schwarmzeit Drohnenbrutschneid, um gleichzeitig den Schwarmtrieb der Völker künstlich niedrig zu halten und auch damit die einzige natürliche Varroabehandlung anwenden kann. Werden nicht mit TBE im Herbst tausende wichtige Arbeiterinnen die zur Erhaltung des Volkes dienen vernichtet. Wo ist hier der Unterschied? Frau Dr. Pia Aumeier gibt dazu folgende Antwort:

„Männer sterben für einen guten Zweck und es dient der Volksgesundheit!“

Dr. Pia Aumeier

Das mag jetzt zwar in unserer Welt etwas männerfeindlich klingen, in der Bienenwelt dient es jedoch einem guten Zweck und zwar der Volksgesundheit! Die Völker erleiden dabei keinen Schaden. Es stehen ausreichend Drohnen für die Befruchtung der Jungköniginnen zur Verfügung.

In diesem Sinne hoffe ich, dass ich doch den einen oder anderen Ratschlag geben konnte und rufe dazu auf mehr selber darüber nachzudenken und nicht immer nur in sozialen Medien Themen zu recherchieren, sondern auch bei Bieneninstituten und anderen Organisation nachzulesen. Ein gutes Beispiel ist hier das Bieneninstitut Celle mit seinen Informationen.


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